Wer mich kennt weiß, dass man mich kaum glücklicher machen kann, als mit der Gesellschaft von Katzen. Dabei ist es ganz gleich, ob es eine junge oder alte Katze ist. Und wenn dann noch ein schöner Garten, Balkon oder ein anderes Stück Natur dazu kommt, bin ich seelig. Gegenden wie die Lüneburger Heide, mal als Beispiel, mit ihren teils hutzeligen Landhäusern, Natursteinmauern und naturnahen aber dennoch gepflegten Gärten, finde ich einfach traumhaft. Und natürlich kann auch das Klischee vom Traumhaus am Meer bei mir so richtig punkten. Manchmal passt einfach alles zusammen.

Vielleicht kennst du das auch, wenn einfach viele Mosaiksteinchen der persönlichen Glückseeligkeit zusammentreffen. An genau so einem Ort befinde ich mich gerade. Oben drauf ist auch noch Herbst und die Jahreszeit gibt der Gegend eine besonders pittoreske Note. Die Temperaturen draußen sind ganz mild, die Luft duftet nach Land und ich hatte sogar Gelegenheit zwei wunderbare Ponys zu besuchen, die wie in einem Werbespot in der Nachmittagsonne fröhlich angaloppiert kamen, als sie von ihrer Halterin gerufen wurden. Ja, genau so etwas liebe ich. Ich bin vermutlich nicht ohne Grund in die Werbung gegangen, da ich von „Marlboro-Country“ und der „Rama-Familie im Sonnenschein“ einfach nicht genug bekommen kann.

Der folgende Bericht soll stellvertretend für viele andere Situationen mit Katzensenioren aufzeigen, dass das Alter nicht das Ende ist. Weder beim Menschen, noch bei der Katze!

Solch ein Himmel ist einfach traumhaft - auch für eine alte Katze.

Ich liege wach und denke

Jetzt gerade kann ich nicht schlafen. Es ist 5 Uhr irgendwas und nachdem ich eine ganze Weile wach gelegen habe, mache ich das was ich immer tue, wenn mich etwas bedrückt. Ich denke nach und ich schreibe, um meine Gedanken zu sortieren. Heute schreibe ich sogar direkt in meinem Blog, weil ich dich erreichen und etwas verändern möchte. Denn mein Idyll hat einen Fehler, eine Schattenseite, die mich bereits die zweite Nacht nicht schlafen lässt. Es geht um eine alte Katze.

Als ich zu diesem Wochenendausflug aufbrach und nach der Fahrt hier ankam, war ich ganz überwältigt von dem wunderschönen Haus, der Lage am Meer und dem unglaublichen Garten. Dann stieß ich sogar noch auf eine (alte) Katze, die einen winzigen Moment lang das Tüpfelchen auf dem i meines Aufenthalts war. Du kannst dir das sicher vorstellen. Man schaut sich ein wenig um, guckt hier und da, bis der Blick auf ein Katzenutensil fällt und das Herz einen kleinen Hüpfer macht. So ist das zumindest bei mir, wenn ich entdecke, dass da irgendwo noch eine Katze sein muss. Doch dann entwickelte sich alles ganz anders und an meinem rosaroten Wohlfühlhimmel zogen dunkle Wolken auf.

Die alte Katze

In diesem Fall war es so, dass ich in diesem kleinen Paradies herumgeführt wurde, da der Besitzer meiner Unterkunft sichtlich stolz auf sein Anwesen war. Zu recht, denn wie eingangs beschrieben, gibt es hier viele, wunderschöne Details zu entdecken. Und genau diese wollte der Besitzer zeigen, um den Aufenthalt perfekt zu machen.

In dem Moment, als wir auf die Katze stießen, war jedoch nicht die Katze das Thema. Viel mehr wurde mir gezeigt, wo ich mein Fahrrad abstellen konnte. So kamen wir zu einem Schuppen, der nicht weniger gepflegt war, wie der Rest des Hauses. Kein Staub, keine Spinnenweben, keine Blätter. Aber es gab dort auch eine Katzentoilette, an der mein Blick hängen blieb.

Unser Tiger als alte und noch gesunde Katze.

Der stolze Besitzer war schon fast wieder draußen, als ich voll freudiger Erwartung fragte, wo denn die dazugehörige Katze wäre. Er deutete hinter die Tür, durch welche wir gekommen waren auf ein Regal, auf dem ein etwas in die Jahre gekommenes Katzenkörbchen stand. Aus diesem kam sofort eine graue Katze auf mich zu, stubste mich freundlich an und schnurrte was das Zeug hielt.

Interessenskonflikte

An so einer Stelle verlagert sich schlagartig mein Interesse und mein Aufmerksamkeitsbereich. Was interessiert mich ein Haus mit Garten am Meer, wenn dort eine Katze ist? Schließlich muss ich doch erst einmal erfahren, wie sie heißt, wie alt sie ist und (wenn sie mag) Kontakt zu ihr aufnehmen. Dem Besitzer war dies jedoch sichtlich unangenehm. Denn in dem kleinen Paradies mit dem extrem sauberen Fahrradschuppen stieg mir plötzlich der Geruch von Katzenurin in die Nase. Ich bemerkte ein offenes Fenster und dass die Katze alles andere als gepflegt war. Jetzt musst du nicht denken, dass ich bei jeder Katze stehenbleibe, die Halter ausfindig mache und meine die Welt verbessern zu müssen. Aber wir hatten hier eine Situation, in der eine Katze ganz offenbar in menschlicher Obhut war. Zudem waren es Menschen, die ganz offensichtlich auch Zeit und Geld für die Perfektionierung von Haus und Garten hatten. Und da gab es diese alte Katze, die so ganz und gar nicht in dieses Bild passte und mir schlagartig einen Kloß im Hals entstehen ließ.

Unser Kater Tiger als alte Katze, kurz vor seinem Tod.

Auf den Fotos hier, das ist unser Kater Tiger. Auf dem ersten Foto war er zwar schon recht alt, aber noch sehr gut drauf. Doch es kam der Tag, an dem er immer mehr Hilfe von uns benötigte. Nicht nur bei der Fell- und Krallenpflege. Sondern meine Mutter musste ihn auch immer häufiger zum Fressen animieren, da er schließlich krank wurde. All das war für uns selbstverständlich. Leider und offensichtlich ist das nicht bei allen Katzenhaltern so. Und es bricht mir das Herz!

Der Zustand der alten Katze

Die Katze war angeblich 17 Jahre alt, später sollte ich erfahren, dass sie eventuell sogar schon 21 Jahre alt wäre. Aber ganz gleich wie alt genau diese Katze war – sie war alt. Ihr Fell war struppig und stumpf und ganz offensichtlich ewig nicht gebürstet worden. Denn unter dem Hals war die kurzhaarige Katze total verfilzt und einzelne Fellbüschel standen hier und da hervor. Ein echtes „Kunststück“ bei einer Kurzhaarkatze in menschlicher Obhut. Der Besitzer war im Nachhinein betrachtet unangenehm berührt, als ich mehr zu mir selbst als zu ihr und wirklich ganz in Gedanken sagte „Wir müssen dich mal bürsten, kleine Maus!“ Denn er erwiderte hastig, dass er die Katze täglich bürsten würde, aber sie würde dennoch so sehr haaren.

Nach und nach wurde mir das Ausmaß dieser gegensätzlichen Szenerie bewusst. Das Paradies vom Haus am Meer mit all seinen Annehmlichkeiten auf der einen Seite. Und die arme, alte Katze auf der anderen Seite, um die sich niemand mehr kümmerte und die in den kalten Schuppen abgeschoben wurde, da sie unsauber geworden war. Und (wie crazy), die auch noch haarte. Ich konnte keinen Ausgang aus dem Schuppen erkennen und fragte wo die Katze denn rein und raus könne. Sie würde jeden Tag (wenn sie denn mag)  rausgetragen werden, versicherte man mir wieder viel zu hastig. Und sie würde hier wohnen, da die Ehefrau Asthma habe und die Haare im Haus nicht ertragen könne. Ich traute mich nicht weitere Fragen zu stellen.

Es bricht mir das Herz!

Mein kleines Ferienparadies hatte sich schlagartig in einen Alptraum verwandelt. Ich musste an mich halten, um nicht sofort loszupoltern. Dank zahlreicher Hausbesuche bin ich jedoch sehr geübt darin mich zusammenzunehmen. Außerdem weiß ich darüber hinaus auch nur allzu gut, dass in solch einer Situation jegliche, unüberlegte Handlung die Situation für die Katze meist nur noch verschlimmert. Also habe ich mich fassungslos zurückgezogen und die erste Nacht meines Aufenthalts wach gelegen und überlegt, was ich für die Katze tun kann. Mir schossen 1.000 Gedanken durch den Kopf.

Wie absurd, dass ich vor gerade einmal einer Woche mein vorerst letztes Seminar für Katzenhalter zum Thema Katzensenioren veranstaltet habe. Dass ich ein Buch zu genau diesem Thema geschrieben habe, in welchem genau so eine Geschichte enthalten ist. Eine Geschichte von einer ebenfalls sehr alten Katze die unsauber wurde und in ein Gartenhaus verbannt worden ist. Und was haben mein Seminar und mein Katzensenioren-Buch für diese Katze gebracht? Nichts. Ich fühlte mich so unendlich traurig und all das wofür ich mich seit so vielen Jahren stark machte, erschien mir sinnlos. Doch meine Gedanken drehten sich weiter und ich versuchte etwas Positives zu finden. Vielleicht war es ja einfach Schicksal, dass ich auf diese alte Katze gestoßen bin? Vielleicht sollte es einfach so sein, damit ich ihr dabei helfen konnte, die letzte Zeit ihres Lebens unter besseren Umständen zu verbringen? Ich stellte mir vor, wie sie in der zugig, kalten Schuppen in ihrem alten Katzenkörbchen schlief und ich wurde noch trauriger.

Es macht mich unfassbar traurig

Am nächsten morgen fühlte ich mich verständlicherweise total zerknittert. Zwischen all den Gedanken der letzten Nacht, entschied ich mich zuerst einmal dafür mehr über die Umstände zu erfahren. Schließlich habe ich gelernt, dass es meist eine Ursache für solche Situationen gibt und auch der Mensch eine Chance verdient hat, dass seine Seite angehört wird. Auch wenn mir das beim besten Willen, auch nach den ganzen Jahren mit Hausbesuchen und Beratungen, immer noch sehr schwer fällt und ich am liebsten mit dem Kopf durch die Wand gehen würde.

Ich kann und will es einfach nicht begreifen, dass es Menschen gibt, die sich nicht in ihr Tier hineinversetzen können. Die anscheinend keinerlei Mitgefühl haben. Und die nicht begreifen wollen, dass das Alter nicht das Ende ist, sondern dass Mensch wie Tier auch im Alter in Würde leben können sollten. Wie kann man nur verfilztes Fell und Inkontinenz damit abtun und sagen „Die Katze ist doch alt!“?

Alte Katze – neue Bedürfnisse

Ich mag Geschichten mit Happy End. Denn ich kann die traurigen Tierschutzberichterstattungen nicht mehr ertragen. Und ich bin für konstruktive Lösungen an Stelle von Jammerei. Aber ich bin es auch so leid diplomatisch und verständnisvoll zu sein.

  • Ja, das Alter ist wahrscheinlich die Ursache für das verfilzte Fell, da sich die Katze nicht mehr so gut bewegen kann, eventuell Schmerzen hat und sich nicht mehr pflegen kann. Aber es ist keine Begründung im Sinne von Rechtfertigung. Das Alter rechtfertigt nicht den Zustand, dass eine Katze verfilztes Fell hat. Der Katzenhalter steht in der Pflicht seine Katze dann bei der Körperpflege zu unterstützen, gegebenenfalls auch die Krallen zu kürzen oder kürzen zu lassen, da die Katze es nicht mehr alleine schafft.
  • Das Alter rechtfertigt auch keine nicht medizinisch untersuchte und unbehandelte Unsauberkeit oder Inkontinenz. Man kann doch nicht einfach sagen, dass eine alte Katze nun einmal persé unsauber und inkontinent ist und sie dann einfach ihrem Schicksal in einem Gartenhaus oder Schuppen oder wo auch immer überlassen. Spinne ich?
  • Ja, und selbst wenn es eine medizinische Diagnose dafür gibt, die vielleicht aus welchen Gründen auch immer nicht (mehr) behandelbar ist, gibt es niemandem das Recht eine Katze abzuschieben und sie in der verbliebenen Zeit ihres Lebens als stinkende, inkontinente Last in einem kalten Keller unterzubringen. Nur damit der teure Teppichboden nicht verschmutzt wird und damit man vor Freunden und Bekannten immer mit der nach Frühlingsfrische duftenden Wohnung aufwarten kann. Es ist sicher nicht immer einfach, aber es geht auch anders. Zahlreiche Katzenhalter geben sich Mühe dabei ihren alten und kranken Katzen ein würdevolles Seniorenleben zu ermöglichen. Und wer jetzt sagt: „Toll, aber das schaffen wir ja noch nicht mal für unsere menschlichen Senioren.“ Ja, der hat leider recht. Schlimm genug. Aber soll ich eine alte Katze ihrem Schicksal überlassen, nur weil wir nicht in der Lage sind uns um menschliche Senioren zu kümmern? Das halte ich für eine schlappe Ausrede.

Happy End?

Ich weiß nicht wie es mit der alten Katze hier eine Etage unter mir weitergehen wird. Aber ich habe einiges angestoßen, um die Situation zu verbessern. Weitere Details tun hier nichts zur Sache.

Doch ich wünsche mir sehr, dass das Wissen um die besonderen Bedürfnisse der alternden und der alten Katze verbreitet wird. Und das jeder Katzenhalter weiß, was er dann zu tun hat bzw. dass er zumindest weiß wo und wie er sich für seine Katze Hilfe holen kann.

Das wünsche ich mir

Danke, dass du mir bei meiner Geschichte zugehört und diesen Blogbeitrag gelesen hast.

Jeder Katzenhalter sollte wissen, dass eine alte Katze besondere Bedürfnisse hat und nicht einfach als schrullige Diva in den Keller abgeschoben werden darf. Neben besonderer Pflege darf es auch an Liebe und Herzenswärme nicht fehlen. Ja, das klingt vielleicht gefühlsduselig und emotional. Dabei sollte es eigentlich ganz selbstverständlich sein und gar keinen Blogbeitrag wie diesen benötigen.

 

Vielen Dank!

Vielen Dank für die unglaubliche Resonanz auf diesen Artikel. Euer Feedback in Form von Likes, Verbreiten des Beitrags, Kommentaren und E-Mails, hat mir echt gut getan. Auch bin ich gefragt worden, warum ich mein Katzensenior-Buch hier nicht „deutlicher“ hervorgehoben habe. Ganz ehrlich? Weil ich diesen Artikel mitten in der Nacht geschrieben habe, um mir Luft zu machen. Natürlich freue ich mich im Nachhinein über das Interesse an meinem Buch. Also hier ein kleiner Nachtrag mit dem Buchcover.

Im Buch gehe ich genau auf die Dinge ein, die ich hier in diesem Artikel beschrieben habe. Es ist ein Mutmachbuch, ein Aufklärungsbuch und ein Versuch verzweifelte Katzenhalter darin zu bestärken auch im Alter für ihre Katzen da zu sein! Weitere Infos zum Thema Katzensenioren, wie zum Beispiel die Formen der Alterung und mit welchen Veränderungen man bei Katzen im Alter rechnen muss, findet ihr auch auf der Seite zu meinem Buch.

Lass uns die Katzenwelt gemeinsam etwas besser gestalten und verbreite diese Botschaft. Und wenn du magst, schreibe mir doch einen Kommentar direkt hier unter den Artikel.