In jedem Jahr kommt einem die Zeit bis zu den ersten grünen Knospen an den Bäumen wie eine Ewigkeit vor. Erfreulicherweise kann man im Haus mit Zweigen und anderen Frühblühern die lange Zeit des Wartens ein wenig verkürzen.

Dabei sollte jedoch die Sicherheit für mit im Haus lebende Katzen nicht beeinträchtigt werden. Denn die meisten Pflanzen sind für Katzen giftig und sind für sie gerade im Frühjahr nahezu unwiderstehlich.

Nicht nur wir Menschen erfreuen uns am Wiedererwachen der Natur. Auch unsere Katzen stecken ihre Nase begeistert in manch einen Blumentopf, der im Frühjahr in unsere Wohnung wandert. Leider sind viele Pflanzen für unsere Katzen giftig und sollten nicht beknabbert werden. Eine Unterscheidung in giftig und ungiftig ist allerdings gar nicht so einfach und auch die genaue Identifikation einer Pflanze birgt ihre Tücken. Bei allen Giftpflanzenlisten, die im Umlauf sind, gesellen sich Verwechslungen und Missverständisse dazu und machen das Thema Giftpflanzen zu einem undurchsichtigen Mix aus Fakten, Gerüchten und Halbwissen.

Ob und wie stark etwas giftig wirkt…

… hängt von der aufgenommenen Menge ab
Allein diese Menge entscheidet darüber, ob etwas giftig ist oder nicht.

… hängt von der jeweiligen Tierart ab
Jedes Individuum reagiert anders auf Giftstoffe. Ungiftig für Vögel oder den Menschen, bedeutet nicht zwangsläufig auch ungiftig für Katzen.

… hängt von verschiedenen Begleitumständen einer Giftaufnahme ab
Es gibt bestimmte Umstände (wie Gewicht, Alter, Vorerkrankungen…), die eine Vergiftung überhaupt erst entstehen lassen, sie abschwächen oder gar verstärken.

… erkennt man NICHT am Ausbleiben von Vergiftungssymptomen
Wenn eine Katze an einer Pflanze geknabbert hat, bedeutet das Ausbleiben von Vergiftungserscheinungen nicht, dass diese Pflanze ungiftig ist. Es kann sein, dass die Menge nicht ausreichend war um äußerlich erkennbare Symptome hervorzurufen oder aber, dass das Gift erst langfristige Schäden verursacht.

 

Warum Katzen an Pflanzen knabbern

Pflanzen werden von Katzen, im Gegensatz zu Meerschweinchen oder Kaninchen, nicht als Nahrung oder Nahrungsergänzung benötigt. Das Knabbern ist ein natürliches Bedürfnis der Katzen. Man geht heute davon aus, dass es ein „instinktives Überbleibsel“ ihrer Vorfahren ist, denn Katzen in der freien Natur fressen bei Unwohlsein auch an Gras, um zu erbrechen. Es wird eine natürliche Parasitenbehandlung vermutet, eine Art Selbstbehandlung mit Kräutern, um Parasiten und Unwohlsein loszuwerden. Für unsere Hauskatzen scheint es zudem den Vorteil zu haben, dass sie auf diese Art und Weise die bei der Fellpflege verschluckten Haare loswerden können. Gras und anderes Grün sind also nicht zwingend für die Ernährung notwendig. Sie haben aber den Vorteil der Haarballenbekämpfung und können das natürliche Bedürfnis der Katze befriedigen, solange keine guten Gründe dagegen sprechen! Denn es gibt Katzen, welche beim Pflanzenfressen kein Ende finden oder ganz wild auf scharfkantige Gräser sind. Hier sollte man im Einzelfall entscheiden wie man mit dem Pflanzenangebot umgeht und bei Unsicherheit seinen Tierarzt des Vertrauens um Rat fragen.

Unzuverlässige Ablenkungsmanöver

Das Aufstellen von Katzengras kann mit etwas Glück dazu beitragen, dass Katzen sich nicht an Zimmerpflanzen vergreifen. Eine Garantie ist es allerdings nicht! Aus diesem Grund sollte man sich nicht auf das Anbieten von Katzengras und Co. verlassen, sondern dafür sorgen, dass erst gar keine stark giftigen Pflanzen im Katzenumfeld aufgestellt werden. Dazu gehören nicht nur Topfpflanzen in der Wohnung und auf dem Balkon, sondern auch Schnittblumen in der Vase, welche bei Beknabbern zu Vergiftungen führen können. Auch wenn die Katze bisher keine Versuche unternommen hat an ungeeigneten Pflanzen zu fressen, kann sich das zu jeder Zeit ändern. Verlässt man sich darauf, dass es schon gut gehen wird, kann sich diese Entscheidung zu einem folgenschweren Irrtum entpuppen. Denn es gibt durchaus Pflanzen, die so stark giftig sind, dass bereits kleinste Mengen zu starken Vergiftungserscheinungen führen. Dazu zählen zum Beispiel Lilien (Lilium spec.), bei denen bereits das Ablecken von Blütenstaub aus dem Fell problematisch sein kann.

Vergiftungsrisiko von Freigängern und Wohnungskatzen

Reine Wohnungskatzen tragen meist ein höheres Vergiftungsrisiko als ihre freilaufenden Kollegen. Nicht etwa, weil sie empfindlicher auf Gifte reagieren würden. Es liegt daran, dass sie häufiger allein sind, weniger Abwechslung haben und als reine Wohnungskatzen den Pflanzen quasi direkt ausgesetzt werden. Aus Langeweile kommen sie deshalb eher in Versuchung an ungeeigneten und giftigen Pflanzen zu knabbern, sofern es diese im Katzenhaushalt gibt. Da die Frage nach ausreichender Abwechslung im Katzenalltag von den Haltern nicht wirklich neutral beantwortet werden kann (schließlich gibt ein jeder Halter sein Bestes) ist bei allen reinen Wohnungskatzen erst einmal davon auszugehen, dass sie sich tendenziell mehr langweilen als Freigänger. Folglich ist im Umgang mit Pflanzen besondere Vorsicht geboten. Sowohl Freigänger als auch Wohnungskatzen werden nicht durch ihre Instinkte vor einer Giftaufnahme geschützt. Jedoch haben Katzen mit Freigang in der Regel genügend ungiftige Alternativen. Bleibt also festzuhalten: Katzen wissen NICHT, was giftig oder ungiftig ist und lernen es auch nicht durch Vergiftungsunfälle!

Top-10: Giftpflanzen im Frühjahr

Auf die folgenden Pflanzen sollte im Katzenhaushalt besser verzichtet werden:

  1. Becherprimel (Primula obconica)
  2. Frühlingschristrose (Helleborus orientalis)
  3. Hyazinthe (Hyazinthus offizinalis)
  4. Krokus (Crocus sp.)
  5. Lilien (Lilium sp.) !!!
  6. Narzissen (Narzissus sp.)
  7. Schneeglöckchen (Galanthus)
  8. Traubenhyazinthe (Muscari sp.)
  9. Tulpe (Tulipa sp.)
  10. Winterlinge (Eranthis hyemalis)

Unbedenkliche Alternativen

  1. Blaubeere (Vaccinium myrtillus)
  2. Gänseblümchen (Bellis perennis)
  3. Hornveilchen (Viola cornuta)
  4. Primel (Primula vulgaris)
  5. Stiefmütterchen (Viola sp.)
  6. Zweige vom Apfelbaum (Malus domestica)
  7. Katzengras (dazu zählen verschiedene Keimgräser) ist auch eine schöne Osterdekoration

Risikocheck im Katzenhaushalt

Die folgenden Fragen helfen dabei das Vergiftungsrisiko im eigenen Haushalt zu prüfen. Ziel ist es dabei jedoch nicht alle Pflanzen aus dem Katzenhaushalt zu verbannen, sondern einen sicheren Umgang mit den Pflanzen herbeizuführen. Die Fragen müssen einfach mit ja oder nein beantwortet werden. Je mehr Fragen mit Ja beantwortet wurden, desto höher ist tendenziell das Vergiftungsrisiko der Katze/n im Haushalt.

  1. Ist die Katze eine Einzelkatze?
  2. Ist die Katze eine reine Wohnungskatze?
  3. Ist die Katze eine Langhaar- oder Halblanghaarkatze und neigt zu Haarballen?
  4. Gibt es unbekannte oder giftige Pflanzen in der Wohnung oder auf dem Balkon?
  5. Gibt es im Katzenhaushalt unbekannte oder giftige Pflanzen mit grasähnlichen Blättern?
  6. Wird die Wohnung gerne mit Schnittblumen in der Vase, die für die Katze erreichbar sind, dekoriert?
  7. Knabbert die Katze gelegentlich an Pflanzen?
  8. Ist die Katze oft allein?

Dieser Kurzcheck ist selbstverständlich nur als Faustregel zu betrachten, denn auch bei niedrigem Vergiftungsrisiko bleibt die Gefahr bestehen, dass sich die Katze vergiften könnte. Wurde jedoch ein erhöhtes Vergiftungsrisiko festgestellt, sollten alle Pflanzen recht bald unter die Lupe genommen und geeignete Maßnahmen ergriffen werden, um das Risiko zu minimieren.

Bei aller Vorsicht besteht kein Grund zur Panik und man muss sicher nicht auf alle Pflanzen verzichten. Denn geeignete Pflanzen in der Wohnung und auf dem Balkon bereichern das Lebensumfeld für Mensch und Katze. Es versteht sich jedoch von selbst, dass man als verantwortungsvoller Katzenhalter vermeidbaren Risiken aus dem Weg geht. Einen sicheren Frühjahrsstart wünscht Ihre und Eure Sabine Ruthenfranz mit Dolly & Pauli =^.^=

Erschienen in Vet-Concret, Ausgabe 2, Frühjahr 2017