Für ein harmonisches Zusammenleben von Mensch und Katze gilt es selbstverständlich gewisse Rahmenbedingungen einzuhalten. Doch nicht immer ist es möglich den Idealzustand der Katzenhaltung tausendprozentig zu erfüllen.

Trotzdem kommt es bei kleineren Haltungsfehlern oder unglücklichen Umständen nicht unbedingt sofort zu Verhaltensproblemen, denn Katzen sind meist deutlich toleranter als ihr Ruf.

Verwirrende Tatsachen

Auch wenn sich die meisten Katzenhalter sehr viel Mühe geben: In kaum einem Katzenhaushalt ist wirklich alles perfekt. Angefangen bei ungeeigneten und viel zu kleinen Katzentoiletten, über unglücklich aufgestellte Kratzmöbel, bis hin zu mangelhaftem Unterhaltungsprogramm. Die Bandbreite dieser „unglücklichen Umstände“ ist riesig. Trotzdem kommt es im Verhältnis dazu eher selten zu Verhaltensproblemen. Das ist eigentlich erst einmal eine gute Nachricht.

Wenn es jedoch im Laufe des Katzenlebens dann doch irgendwann einmal zu Schwierigkeiten, wie zum Beispiel der Nichtbenutzung der Katzentoilette kommt, stehen viele Katzenhalter vor scheinbar unlösbaren Problemen. Denn aus ihrer Sicht hat sich meist gar nichts im Lebensumfeld der Katze verändert. „Bei älteren Katzen wird dann vermutet, dass es sich wohl um eine „Altersmarotte“ handeln muss und die Katze jetzt wohl langsam „wunderlich“ wird. Und jüngere Katzen bekommen einfach den Stempel „Protestpinkler“ aufgedrückt, um beim Beispiel der Unsauberkeit zu bleiben. Ganz so leicht sollte man es sich als Katzenhalter jedoch nicht machen. Denn für das veränderte Verhalten der Katze gibt es meist gute Gründe.

Die Zusammenhänge des Katzenglücks verstehen

Um das Katzenglück wieder ins Gleichgewicht zu bringen ist es notwendig zu wissen „was Katzen im Allgemeinen“ benötigen und „was die eigene Katze im Speziellen“ für ihr Wohlbefinden, braucht. Wir müssen verstehen, dass die Möglichkeit besteht, dass sie in der Vergangenheit eventuell nur recht tolerant mit unserem Angebot umgegangen ist oder dass sich ihre Anforderungen schlicht und einfach verändert haben.

Im Alltagsgetümmel wird sich jedoch meist nicht so viel Zeit für diese Überlegungen genommen. Das Problem soll möglichst „sofort“ verschwinden und außerdem: „Es hat doch bisher immer so geklappt!“

Diese Denkweise hat leider zur Folge, dass gute Ratschläge, auch die von Profis wie Tierärzten, Tierheilpraktikern und Katzentherapeuten, nicht oder nur halbherzig umgesetzt werden. Denn das große Ganze, die Zusammenhänge des Katzenglücks, sind auf den ersten Blick nur bei genauem Hinsehen erkennbar. Das gedankliche Bild „die Waage des Katzenglücks“ kann dabei helfen.

Die Waage des Katzenglücks

Man stelle sich eine klassische, alte Waage vor. Auf der linken Seite legen wir alle positiven Zutaten (Glückszutaten) in die Waagschale. Das ist zum Beispiel eine wunderbare, große und saubere Katzentoilette. Ein herrlicher, stabiler Kratzbaum, der mitten im Wohnraum des Katzenhaushalts steht. Gar nicht so übel – diese positiven Glückszutaten haben ein ordentliches Gewicht auf die Waage gebracht. Aber wir sind noch nicht fertig. Denn in jedem Haushalt gibt es auch ein paar Dinge die nicht so optimal sind. Diese negativen Zutaten legen wir nun in die rechte Waagschale. Die Katzentoilette hat eine Haube und eine Klappe am Eingang – das ist nicht so ideal für die Katze. Außerdem fehlt es ihr vielleicht an Gesellschaft, Unterhaltung gegen Katzenlangeweile. Diese Negativzutaten wiegen aus Sicht der Katze ganz schön viel.

Aber die Waage des Katzenglücks hat sich gerade noch so eingependelt. Denn die Katze mag ihr Zuhause und ihren Halter sehr und toleriert, dass sie durch die Klappe zum Klo gehen muss und hin und wieder Langeweile hat. Die Waage des Katzenglücks steht also im Gleichgewicht. Noch.

Und jetzt passiert es!

Es gibt plötzlich weitere Negativzutaten: Nachbars Kater hat es sich zur Gewohnheit gemacht regelmäßig an der Terrassentür vorbeizugehen und in das Reich der Katze zu starren. Das findet sie bedrohlich. Ein Arbeitskollege hat seit neustem einen Hund und der Halter bringt beängstigende Gerüche mit nach Hause. Zack! Die Waagschale der Negativzutaten hat an Gewicht zugelegt und die Waage des Katzenglücks ist aus dem Gleichgewicht geraten. Die Katze ist mehr oder weniger unglücklich und zeigt dies nun auch auf ihre Art. Die magische Toleranzgrenze der Katze ist nun einfach überschritten.

Das Zünglein an der Waage

Die „Waage des Katzenglücks“ soll zeigen, dass es nicht immer zwingend “den einen Grund” für ein Problem gibt. Meist ist es die Summe aller ungünstigen Gegebenheiten im Katzenhaushalt, welche bereits eine Basis oder einen Nährboden für Probleme bilden. Schließlich braucht es nur noch den berüchtigten Tropfen, welcher das Fass zum überlaufen bringt.

Gerade dann, wenn wir nicht genau nachvollziehen können, was denn nun der eine Tropfen ist, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat, ist es ratsam die positiven Glückszutaten zu vermehren und sich dem Problem  bzw. der Problemlösung von dieser Seite zu nähern.

Knackpunkte und Missverständnisse im Katzenhaushalt

Ist es bereits zu Schwierigkeiten, wie z.B. unerwünschtem Verhalten der Katze gekommen, lohnt es sich die typischen Knackpunkte im Katzenhaushalt unter die Lupe zu nehmen und bei Bedarf zu optimieren. Und das auch dann, wenn auf den ersten Blick kein direkter Zusammenhang zwischen Problem und „Knackpunkt“ erkennbar ist.

  1. Katzentoilette: Größe, Aufstellort, Streuauswahl, Streuvorlieben und Reinigungshäufigkeit haben einen großen Einfluss auf das Wohlfühlbarometer der Katze. Auch die von Haltern meist sehr geschätzte Haube mit Klappe am Eingang stellt keinen Idealzustand dar. Jüngst haben Forscher das Verhalten von Katzen auf der Katzentoilette untersucht. Die Toilettenbedingungen hatten erkennbare Auswirkungen darauf, ob die Katzen ihre Toiletten gerne, nur notgedrungen oder gar nicht aufsuchten.
  2. Kratzgelegenheiten: Neben der Krallenpflege ermöglicht das Kratzen an passenden Oberflächen die Reviermarkierung und trägt so maßgeblich zum Sicherheitsgefühl der Katze bei. Kratzbäume sollten demnach nicht versteckt sondern im zentralen Lebensumfeld der Katze aufgestellt werden. Gerade alte, stark zerkratzte Utensilien haben einen besonders hohen Wert für die Katzen.
  3. Entertainment: Katzen schlafen viel, jedoch sind viel Schlaf und ein unauffälliges Verhalten kein Indiz für Zufriedenheit der Katze. In vielen Haushalten gibt es ein Defizit an persönlicher Zuwendung, geistiger Anregung und Bewegung für die Katze. Außerdem werden individuelle Spielvorlieben für Materialien, Spielzeuggrößen, Spielgeschwindigkeit und ein für die Katze passender Zeitpunkt oftmals nur wenig berücksichtigt.
  4. Rückzugsorte: Viele Katzen schätzen das meist umfangreiche Angebot an Kuschel- und Liegeplätzen, die sie gerne abwechselnd aufsuchen. Orte an denen die Katze jedoch wirklich ungestört ist und wo sie sich besonders sicher fühlen kann, gibt es hingegen seltener. Plätze auf hochgelegenen Bücherregalen oder spezielle montierte Liegebretter bieten ein Wohlfühlplus.
  5. Gerüche: Starke Düfte sind nichts für feine Katzennasen und können manch eine Katze stark verunsichern. Denn anders als bei uns Menschen spielt sich bei ihnen vieles über die Geruchsaufnahme ab. Neue Parfums, Weichspüler, Raumsprays aber auch für uns nicht wahrnehmbare Gerüche, wirken auf das Glücksempfinden der Katze ein.

Auch wenn wir nicht auf Anhieb verstehen, was sich in den Augen unserer Katze verändert hat, gilt es „die Waage des Katzenglücks“ wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Mit einem offenen Umgang und einem Blick auf die Knackpunkte im Katzenhaushalt lösen sich die meisten Probleme schnell wieder in Luft auf.

Eine gemütliche Zeit wünscht Ihre und eure Sabine Ruthenfranz mit Dolly & Pauli =^.^=

Erschienen in Vet-Concret, Ausgabe 5, Weihnachten 2017