Unterwegs für das Branchen forum Zoo & Garten:
Heimtiertauglichkeit und artgerechte Haltung von Kleinsäugern

Am 29. und 30. Oktober fand zum 16. Mal das ZZF-Fachsymposium in Künzell bei Fulda statt. Im Fokus stand das Thema „Kleinsäugerhaltung – Alles kein Problem?!“ und zeigte neben ethologischen und tiermedizinischen Aspekten auch die Grenzen der Kleinsäugerhaltung auf.

In diesem Rahmen wurden die gut 100 Teilnehmer, bestehend aus Tierärzten und Zoofachhändlern,  auch über rechtliche Grundlagen zu Kastration und der Tötung von Futtertieren aufgeklärt.

In der Begrüßung ging Norbert Holthenrich, ZZF-Vizepräsident, auf die Verantwortung des Zoofachhandels, der Tierhalter und auf die Möglichkeiten der Branche ein. Mit 5,3 Millionen Heimtieren verteilt auf 3% der bundesweiten Haushalte steht die Heimtierbranche vor der Herausforderung dieses Potenzial zu fördern. Dabei spielt auch die artgerechte Haltung verstärkt eine Rolle. Mit neuen Haltungssystemen, zum Beispiel für Kaninchen als Freigänger, sollen die individuellen Haltungsbedingungen der Tierarten (noch) besser erfüllt werden. Denn nicht alle Tiere sind gleichermaßen gut für die Heimtierhaltung geeignet. Erkenntnisse aus der Verhaltenskunde von Kleinsäugern erinnern daran, dass die Bedürfnisse beliebter Familientiere viel mehr Aufmerksamkeit verlangen.

Ralf Sistermann, Chefredakteur der Radaktion „Rodentia“ ging im ersten Vortrag „Neue Kleinsäuger – Exoten oder bereits domestiziert“ auf diese Herausforderung ein und stellte neue und teilweise noch wenig bekannte Kleinsäuger für den Zoofachhandel vor. In seiner Artenvorstellung wurden die Eigenarten und Ansprüche der Tiere erläutert.
„Heimtierhaltung ist gut, aber eben nicht die Natur!“ merkt Sistermann an und erläuterte anschließend die Bedeutung von einer naturnahen Einrichtung der Gehege, damit sich die Tiere wohlfühlen können.
Die Domestikation, der Veränderungsprozess von Wildtieren, die durch züchterische Eingriffe des Menschen von der Wildform isoliert gehalten werden, ist für die Eignung als Heimtier offenbar nicht ausschlaggebend. Der Tierhalter muss in der Lage sein die artenspezifischen Bedürfnisse zu erfüllen. Kleinsäuger sollten deshalb nicht als Kuscheltiere verstanden werden, sondern als Beobachtungstier, welches nicht in Kinderzimmer gehört. Kümmern sich Eltern und Kinder gleichermaßen um die Bedürfnisse der Tiere steht einer artgerechten Haltung der Tiere dennoch nichts im Wege.

Weiter ging es mit Helen Louton, die mit Ihrem Vortag „Wie „ticken“ Kaninchen, Meerschweinchen und Ratte?“ die Grundlagen aus der Verhaltenslehre anhand von Beispielen aus dem Bereich der Kleinsäuger erläuterte. Die wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Tierschutz, Verhaltenskunde, Tierhygiene und Tierhaltung der LMU München, ging unter anderem auf Ernährung, Sozialverhalten und Familientauglichkeit der Tiere ein, was am Ende des Vortrags für reges Feedback aus dem Publikum sorgte. ZZF-Vizepräsident Norbert Holthenrich stellte die Frage, welches Tier außer Ratten denn nach den ausführlichen Schilderungen Loutons noch für Kinder bzw. Familien geeignet sei. Die Bedeutung dieser Frage wurde durch Raunen im Publikum betont, denn viele Kleinsäugerarten werden bislang noch als beliebtes Familientier verkauft und gehalten. Umso erfreulicher ist die aus der Frage entfachte Diskussion welche deutlich machte, dass wohl allen Teilnehmern eine artgerechte Haltung wichtig ist und man zum Wohle der Tiere bestrebt ist gut zu beraten und die passenden Tierarten zu empfehlen.

Dr. Sandra Schönreiter, Amtstierärztin und Fachtierärztin für Ethologie,  ging auf das Heimtiertauglichmachen von Heimtieren ein und beleuchtete dabei die rechtlichen Aspekte, unter anderem die von Kleinsäuger-Kastrationen. Der Vergleich von Heimtier und Nutztieren führte wieder zum zentralen Thema das Tier so zu erhalten wie es die Natur vorgesehen hat. Erfreulicherweise entwickelt sich die allgemeine Rechtsprechung „pro Tier“ so dass zum Beispiel das Kastrieren von Ferkeln ab 2012 nicht mehr ohne Betäubung erlaubt ist.

Aus ethologischer und tiermedizinischer Sicht widmete sich Dr. Kirsten Tönnies, praktische Tierärztin, den teils notwendigen Eingriffen zur Heimtiertauglichmachung. Kastrationen können sinnvoll sein und einer Scheinträchtigkeit und Tumoren vorbeugen.  Solitärlebende Arten müssen hingegen nicht unbedingt kastriert werden.

Nachdem man sich ausgiebig mit der artgerechten Haltung von Kleinsäugern beschäftigt hat, hatte das Thema „Kleinsäuger als Futtertiere“ für den einen oder anderen Teilnehmer einen faden Beigeschmack. Umso wichtiger der Ansatz sich auch bei den Futtertieren um artgerechte Haltungsbedingungen und schonende Tötungsverfahren zu kümmern. Dr. Petra Kölle, Fachtierärztin an der medizinischen Kleintierklinik der LMU München erläuterte in diesem Zusammenhang auch die Themen „Vitaminmangel bei Futtertieren“ und das „Risiko der Krankheitsübertragung“ auf den Menschen.
Einig war man sich bei der Tatsache dass Futtertiere nur mit entsprechender Sachkunde getötet werden sollten um unnötiges Leiden der Tiere zu verhindern. Laut Dr. Ines Bolle, Leiterin der Zentralen Versuchstierhaltung der LMU München, sollte es einen Sachkundenachweis zum fachgerechten Töten vor der Verfütterung an Reptilien geben.

Mit geeignetem und ungeeignetem Zubehör für die Kleinsäugerhaltung und einer Podiumsdiskussion zum Thema „Tierärzteschaft und Zoofachhandel – gemeinsam für verhaltensgerechte Kleinsäugerhaltung“ endete  die informationsreiche ZZF-Veranstaltung. Nach einer Umfrage des ZZF bewerteten die Teilnehmer die Veranstaltung mit der Note gut (1,5).