Katzen zeigen viele Verhaltensmuster, die nicht immer verstanden werden und beim Zusammenleben mit uns Menschen auch gerne einmal „aus dem Ruder laufen“. Das Kratzen gehört definitiv dazu. Es gibt darüber unzählige Geschichten, Meinungen, Empfehlungen – und auch jede Menge Missverständnisse. Vorweg sei gesagt: Das Kratzen gehört zum vollkommen normalen Verhaltensrepertoire der Katze. Es zählt zu ihren natürlichen Bedürfnissen, welchen sie unbedingt nachgehen (dürfen) sollten. Zerkratzte Möbelstücke oder Tapeten müssen aber dennoch nicht sein.

Ganz gleich ob Freigänger oder Wohnungskatze: Katzen kratzen. Und das machen sie nicht nur um ihre Krallen in Schuss zu halten. Neben der Tatsache, dass das Kratzen ein ganz natürliches Bedürfnis befriedigt, erfüllt es einige andere „Aufgaben“, welche vielleicht nicht auf den ersten Blick ersichtlich sind.

Warum kratzen Katzen?

Die „Krallenpflege“ ist nur ein Grund dafür. Katzen nutzen ihre Kratzspuren auch zur Kommunikation. Dabei spielen nicht nur die unsichtbaren, geruchlichen Spuren durch ihre Pheromone eine Rolle. Katzen lassen auch die akustischen und nicht zuletzt auch die optischen Spuren für sich sprechen. Eine Tatsache die manch einem Katzenhalter zum Verhängnis wird. Denn die optischen Spuren sind genau das, was beim Zusammenleben mit uns Menschen häufig als ausgesprochen störend empfunden wird. Doch genau diese Spuren machen die Kratzstellen für unsere Katzen erst richtig wertvoll. Sie geben ihnen Sicherheit und fungieren wie eine Art „Vorhängeschloss“, um das eigene Zuhause für andere offen sichtbar abzugrenzen. Typische, aus Menschensicht „illegale“ Kratzstellen, sind deshalb häufig unmittelbar neben Türen oder in der Nähe beliebter Ruheorte, welche aus Perspektive der Katze abgesichert werden müssen.

Das bringt unter Umständen mit sich, dass eher ängstliche, unsichere Katzen tendenziell mehr kratzen. Aber auch Aufregung, Stress und Spaß bringen Katzen zum Kratzen. Die Bandbreite reicht also vom alltäglichen, ganz natürlichen Kratzverhalten, über Sondersituationen wie Stress, Unsicherheit, Angst – bis hin zu echtem Problemverhalten zum Beispiel im Rahmen einer Angststörung.

Gute Kratzutensilien beugen der Entstehung „illegaler“ Kratzstellen vor

Da Katzen in der reinen Wohnungshaltung auf das angewiesen sind, was wir ihnen vorsetzen, sollten neben anderem Equipment auch die Kratzutensilien mit Bedacht ausgewählt werden. Nicht alles, was auf dem Markt angeboten wird, ist auch geeignet. Aber eines ist klar: Wer hier spart, spart am falschen Ende. Das „Sparen“ bezieht sich hierbei jedoch nicht zwingend auf den Preis der Anschaffung. Gemeint ist eine gewisse „Großzügigkeit im Zusammenleben“ im Umgang mit dem Platzangebot (Größe), den Räumlichkeiten (Aufstellort) und den Materialien (Qualität). Letztere sollten zu den individuellen Vorlieben der Katze passen und möglichst langlebig sein, damit das liebgewonnene Kratzutensil nicht ständig ausgetauscht werden muss.

Die passende Größe

Ein Kratzbaum muss nicht riesig sein. Doch es kommt auf die geeignete Kombination der angebotenen „Features“ an.  Entscheidend ist es mindestens eine Stelle anzubieten, an welcher sich die Katze in gestrecktem Zustand mit den Vorderkrallen einhaken und genüsslich dehnen und kratzen kann. Das muss nicht zwingend am Kratzbaum sein. Kratzbretter an der Wand können platzsparend den gleichen Zweck erfüllen. Damit kann man auch wunderbar auf die bevorzugte Kratzausrichtung seiner Katze eingehen. Denn es gibt auch Katzen, die horizontale oder schräge Kratzmöglichkeiten bevorzugen. 

Überhaupt ist es ratsam nicht nur „den einen“ Kratzbaum in seine Überlegungen mit einzubeziehen. Denn Klettermöglichkeiten, Kratzstellen und Ruheplätze sind kaum in einem Kratzbaum abzubilden. Hier heißt es: Mehr ist mehr 😉

Der richtige Aufstellort

Wer sich für das Zusammenleben mit einer oder mehreren Katzen entscheidet, teilt fortan seine Wohnung mit ihnen. Den Kratzbaum oder andere Utensilien in wenig genutzten Räumen „zu verstecken“ ist dafür nicht zuträglich. Vielmehr sollten diese wichtigen Einrichtungsgegenstände genau dort sein, wo sich das Leben abspielt. Also dort, wo man sich besonders viel aufhält. Der Kratzbaum (wenn es nur einen gibt) gehört somit zum Beispiel nicht in den Flur, sondern eher ins Wohnzimmer. Kratzbretter und andere Utensilien können dort platzieren, wo die Katzen Aufregung erleben, um direkt an Ort und Stelle Stress abbauen zu können.

Geeignetes Material und Qualität

Sisal oder Kokosfaser sind nicht umsonst Bestandteil der gängigen Kratzutensilien. Einerseits sind es robuste Materialien, die sehr strapazierfähig sind. Andererseits weisen sie auch schnell Kratzspuren auf. Schließlich wollen Katzen ihre Spuren auch sehen können. Es gilt also einen guten Mittelweg zwischen Haltbarkeit und dennoch sichtbaren Kratzspuren zu finden. Die Qualitäten am Markt sind sehr unterschiedlich. Da die Kratzmöglichkeiten eine so große Bedeutung für Katzen haben und diese mit der Benutzung immer mehr an Wert gewinnen, ist eine gute, langlebige Qualität wichtig. Auch im Sinne der Nachhaltigkeit. Gute Kratzbäume halten ein Katzenleben lang und darüber hinaus. Außerdem sollte man auf austauschbare Einzelteile achten. Zu guter letzt sollte ein Kratzbaum standfest sein.

Die häufigsten Fehler rund um das Kratzen

  • keine attraktiven oder zu wenige, legale Kratzstellen
  • abruptes Ersetzen des Kratzbaums durch einen neuen
  • kein Verständnis für das Kratzverhalten der Katze

Die häufigsten Fehler rund um den Kratzbaum

  • zu geringe, oder zu niedrige Kratzflächen
  • insgesamt zu klein
  • abgelegener, unattraktiver Aufstellort
  • nicht standfest und wackelig
  • ein Kratzbaum für alle Bedürfnisse einzusetzen

Gründe für verändertes Kratzverhalten

Wenn Kratzverhalten plötzlich an „illegalen“ Stellen auftritt und sozusagen neu zum bekannten Verhalten einer Katze dazukommt, heißt es Augen auf.  Denn das passiert in den meisten Fällen nicht ohne Grund. Nicht selten steckt Angst dahinter. Diese kann entstehen durch neue, ungewohnte Geräusche (Sanierungsarbeiten im Haus), Gerüche (Malerarbeiten), neue Gegenstände (Möbel), neue Mitbewohner (tierisch wie menschlich), einen Umzug (Umgebunsgwechsel) oder aber auch durch neue Mitbewohner in der Nachbarschaft. Tatsächlich kann es vorkommen, dass vom Menschen unbemerkt, fremde Katzen von außen durch die Fenster oder Terrassentüren in das traute Heim schauen und bei der Katze für Aufregung sorgen. Oft vergeht die Aufregung nach kurzer Zeit von allein. Doch es ist immer gut zu wissen, wann und in welcher Situation sich ein Verhalten verändert hat oder erstmalig aufgetreten ist. Nur so kann man frühzeitig erkennen, wenn die Katze unsere Hilfe benötigt.

Eine schnurrige Zeit wünscht Ihre und eure Sabine mit Dolly & Pauli =^.^=

Erschienen in Vet-Concret, Ausgabe 2, Frühling 2021