Katzen belegen seit vielen Jahren den ersten Platz unter den Haustieren in Deutschland. Umso erstaunlicher ist es, dass sich so viele Gerüchte und Missverständnisse noch immer hartnäckig halten: Protestpinkeln, blinde Zerstörungswut, aggressives und hinterhältiges Verhalten, durch Katzen verursachter Gestank in Wohnungen, ja selbst das Ersticken von Menschenkindern wird ihnen vorgeworfen. Fehlt eigentlich nur noch Hexerei. Doch wie kommt es zu derartigen Vorwürfen und was ist dran?

Katzen sind aus unserer Welt nicht mehr wegzudenken. Man geht davon aus, dass sie sich bereits in der Zeit zwischen 6000 und 7500 vor Christi Geburt Schritt für Schritt dem menschlichen Haushalt angeschlossen haben bzw. in das Menschenleben mit einbezogen wurden. Eine wirklich lange Zeit, so dass man annehmen könnte, es müssten alle Geheimnisse längst gelüftet sein. Doch das ist leider nicht der Fall. Neben den noch unerforschten Bedürfnissen und Eigenschaften der Katzen, gibt es immer noch viele Unwahrheiten, die über unsere Samtpfoten verbreitet werden. Die Gründe dafür sind vielfältig. Zum Beispiel gelten Katzen auch heute noch als einfach zu haltende Haustiere, so dass sich viele Zweibeiner nicht oder nur wenig mit den Bedürfnissen ihrer Katzen auseinandersetzen. So lange Katzen als Freigänger leben können, klappt das sogar auch erstaunlich gut. Denn draußen können sie ihre Bedürfnisse in Eigenregie befriedigen. Die reine Wohnungshaltung hingegen legt diese Verantwortung in die Hände des Menschen. Und genau da fangen häufig die Probleme an. Denn als reine Wohnungskatze ist sie zu Recht ein ausgesprochen anspruchsvolles Haustier. Wer also mit dem Gedanken der „einfach zu haltenden Freigängerkatze“ eine Katze nur in der Wohnung hält, wird sehr wahrscheinlich schnell erleben, dass Katzen anspruchsvolle Mitbewohner sind. Und das ist auch gut so…

Fangen wir einmal mit dem wohl am meisten verbreiteten Gerücht an: dem Protestpinkeln.

Protestpinkeln, gibt es das wirklich?

Unter „Protestpinkeln“ wird landläufig das Absetzen von Urin an unerwünschten Orten im Haus verstanden. Das Wort „Protest“ unterstellt den Katzen dabei, dass sie ganz bewusst an jenen verbotenen Orten Urin absetzen, um uns Menschen ihren Unmut (über was auch immer) mitzuteilen. Doch das ist eine sehr menschliche und zudem falsche Interpretation des Katzenverhaltens. Denn Katzen haben keinen negativen Bezug zu ihren Hinterlassenschaften. Wer sich näher mit Katzen beschäftigt, wird den Begriff des Protestpinkelns also tunlichst meiden und versuchen den wahren Grund für das Nichtbenutzen der Katzentoilette herauszufinden. Neben körperlichen Ursachen können auch psychische Ursachen oder Markierverhalten der Grund dafür sein. Der erste Schritt bei Urin außerhalb der Katzentoilette sollte deshalb immer zum Tierarzt führen. Übrigens: Zwei der häufigsten Ursachen für Unsauberkeit sind Blasenentzündungen und ein falsches Katzentoilettenmanagement.

Das „Protestpinkeln“ gibt es also in der Form, wie es oft interpretiert wird, definitiv nicht. Unsauberkeit und Markierverhalten hingegen schon. Und beides ist ein Weckruf für uns Menschen, um genau hinzusehen und der Katze schnellstmöglich zu helfen.

Katzen zerkratzen alle Möbel, stimmt das?

Um zu verstehen, was es mit dem Kratzen an Möbeln oder anderen Utensilien in der Wohnung auf sich hat, muss man einen Blick auf das Verhaltensrepertoire der Katze werfen. Denn das Kratzen ist ein natürliches Bedürfnis unserer Stubentiger und dient nicht nur der Krallenpflege. Stressabbau, Recken und Strecken, Spaß, aber auch die Markierung des Reviers spielen beim Kratzen eine Rolle. Das bedeutet: Wenn im Haus gar keine oder nur unattraktive, legale Kratzstellen zur Verfügung stehen, suchen sich Katzen notgedrungen (illegale) Alternativen. Es lohnt sich also Gedanken über hochwertige Kratzutensilien und geeignete Aufstellorte zu machen, um Kratzen an Möbeln gar nicht erst zum Problem werden zu lassen. Außerdem brauchen nicht nur reine Wohnungskatzen geeignete Kratzutensilien. Auch Freigänger freuen sich über legale Kratzstellen im Haus, um ihr Zuhause zu kennzeichnen und sich sicher zu fühlen.

Katzen kratzen also an Möbeln, das stimmt. Aber nur dann, wenn ihnen geeignete, legale Kratzstellen fehlen oder wenn sie sich in irgendeiner Form gestresst fühlen. Klappt es trotz perfekter Kratzausrüstung zuhause nicht, lohnt es sich zum Wohle der Katze einen Katzentherapeuten zu engagieren und dem Kratzverhalten auf den Grund zu gehen.

Sind Katzen hinterhältig und aggressiv?

Nein, ganz sicher nicht. Zumindest nicht mehr als andere Lebewesen. Der Grund für dieses Gerücht rührt vermutlich daher, dass viele Menschen das Verhalten von Katzen nicht richtig interpretieren und die Grenzen von Katzen unbewusst überschreiten. Katzen sind sehr höfliche Tiere und genau so sollten wir auch mit ihnen umgehen. Schließlich sind sie eigenständige Lebewesen. Dennoch werden viele Menschen übergriffig, wenn sie auf eine kuschelige, bezaubernde Katze treffen. Da wird unangekündigt getätschelt, obwohl die Katze vielleicht gerade ein Nickerchen macht. Sie wird unbeholfen hochgehoben, obwohl sie vielleicht gerade ganz andere Pläne hat. Oder sie wird penetrant gestreichelt, bis es ihr unangenehm wird. Da versteht es sich von selbst, dass sie dann auch einmal ihre Krallen ausfährt oder anderweitig zeigt, dass ihr etwas nicht passt. Eines der wohl häufigsten Missverständnisse ist wahrscheinlich sogar der berüchtigte „Stimmungsumschwung“ während sie gestreichelt wird. Zuerst schnurrt sie noch genüsslich und dann, wie aus heiterem Himmel, schlägt sie zu.

Als aufmerksamer Katzenmensch sieht man ganz leicht, wann sie genug vom Streicheln hat und hört damit auf, bevor es ihr unangenehm wird. Doch genau das hat ihr vermutlich den Ruf der Hinterhältigkeit auf vier Pfoten eingebracht.

Gestank im Katzenhaushalt, muss das sein?

Wer mit Katzen zusammenlebt weiß selbstverständlich, dass dieser Gedanke purer Unsinn ist. Zumindest dann, wenn man sich vernünftig um sein Tier kümmert. Dennoch hält sich dieses Gerücht. Fakt ist: Die Katze selbst ist nahezu geruchlos, doch woher kommt dann der vermeintliche Gestank? Ganz einfach: Offen stehendes Nassfutter, eine ungepflegte Katzentoilette oder ein voller Mülleimer. Punkt. Ansonsten gibt es da nichts was unangenehm riechen könnte. Nassfutter sollte ohnehin nicht den ganzen Tag offen herumstehen. Zusätzlich können Futterautomaten den Geruch für die kurze Zeit vor und nach dem Fressen reduzieren. Viel wichtiger jedoch ist die tägliche Reinigung der Katzentoilette und Nutzung einer guten Streu, sowie das Entleeren des Mülleimers. Denn Mülltüten sind in der Regel nicht geruchsdicht, so dass Gerüche daraus entweichen können. Zu guter Letzt: Auch der Standort der Katzentoilette hat Einfluss auf die Geruchsentwicklung. Eine Fußbodenheizung unter dem Klöchen etwa, ist keine gute Idee und auch wenig gut belüftete Standorte, die nur allzu gerne aus Platzmangel genutzt werden, wirken sich nachteilig aus.

Also: Nein! Gestank oder schlechte Luft im Katzenhaushalt müssen nun wirklich nicht sein.

Katzen und Säuglinge, ist das wirklich so gefährlich?

Als meine erste Katze bei mir einzog, sagte mein Großvater zu mir: „Da musst du aufpassen, nicht dass sie sich nachts auf dein Gesicht legt.“ Erst später hörte ich immer einmal wieder davon, dass Katzen sich auf das Gesicht von ihren Menschen legen und vor allem für Säuglinge eine Erstickungsgefahr darstellen. Nun: Katzen mögen es warm. Ein Kinderbettchen oder auch das Kopfkissen des Lieblingszweibeiners sind demnach sehr verlockend. Die Kinderärzte, welche ich zu diesem Thema einmal aus Neugier befragt habe, kannten erfreulicherweise selbst keine Fälle, in denen eine Katze ein Baby erstickt hat. Aber…

Es versteht sich von selbst, dass man einen Säugling nicht mit einem Tier allein lässt und entsprechende Sicherheitsvorkehrungen trifft. Und dann steht einer wundervollen Kind-Katze-Beziehung nichts im Wege.

Damit die Gerüchteküche nicht weiter brodelt, hilft nur eins: Aufklärung zum Wohle der Katze! Eine informative Zeit wünscht Ihre und eure Sabine, mit Dolly & Pauli =^.^=

Erscheinen in Vet-Concret, Ausgabe 4/2021