Die Beweglichkeit von Katzen ist beneidenswert. Sie zeigen uns Haltern oft ein facettenreiches Repertoire – vom eleganten Gang, über waghalsige Klettereien, bis hin zu enormen Sprüngen. Doch ihre Beweglichkeit verändert sich im Laufe des Lebens. Und wie immer gilt es einen genaueren Blick auf ihr Normalverhalten zu werfen, damit mögliche krankhafte Veränderungen frühzeitig erkannt werden können.

Manchmal könnte man meinen, dass Katzen nahezu alterslos sind. Viele von ihnen scheinen sich bis ins hohe Alter kaum oder gar nicht zu verändern. Außerdem fallen einige Entwicklungen nur bei genauem Hinsehen auf.

Und genau darum geht es: Gezielte Beobachtung zum Kennenlernen des Normalverhaltens und zum frühzeitigen Erkennen von Veränderungen. Denn nur so können wir im Falle von negativen Entwicklungen gegensteuern und dafür sorgen, dass die Katze so lange wie möglich ein erfülltes und schmerzfreies Leben hat. Da Katzen immer Älter werden, ist früher oder später mit Veränderungen des Bewegungsapparats zu rechnen. Aber auch in jungen Jahren kann durch Kämpfe oder Verletzungen die Notwendigkeit bestehen, plötzliche Einschränkungen der Beweglichkeit der Katze zu erkennen und wenn nötig zu behandeln.

Der Lauf der Dinge

Wenn man sich die „Kindertage“ seiner eigenen Katze in Erinnerung ruft und vielleicht sogar die Möglichkeit hat alte Fotos und Videos anzuschauen, wird es offensichtlich: Das einst tapsige Kitten hat sich zu einer kleinen „Rennrakete“ entwickelt. Was zuerst unbeholfen aussah ist geschmeidigen, zielsicheren Bewegungen gewichen. Kein Schrank ist zu hoch, um dorthin zu klettern. Kein Kratzbaum groß genug, um die bestehende Energie zu entladen. Die erwachsene Katze zeigt täglich, vorausgesetzt sie ist gesund und munter, was sie in Sachen Bewegung kann. Doch irgendwann kommen ruhigere Zeiten. Zuerst von uns Haltern meist unbemerkt, da die Katze zum Beispiel einfach mehr schläft. Schließlich kann es zu offensichtlichen Anzeichen kommen. Spannend und wichtig für die Früherkennung von Erkrankungen und Schmerzen ist die Zeit zwischen den ersten Veränderungen und Krankheitssymptomen.

Bewegung und Beweglichkeit der Katze

Wer war zuerst da: Das Huhn oder das Ei?

Nicht alle Probleme können auf den ersten Blick einer eingeschränkten Beweglichkeit oder Schmerzen zugeordnet werden. Manchmal liegen die Ursachen auch tatsächlich ganz woanders. Zum Beispiel gibt es Katzen, welche mit zunehmendem Alter eine veränderte Laufbewegung zeigen. Manchmal ist es jedoch „nur“ eine unzureichende Krallenpflege, die dazu führt. Ein Blick auf die Krallen kann also nicht schaden. Wenn die Katze häufiger an Textilien hängenbleibt oder beim Laufen ungewohnt klackert, kann das ebenfalls eine Folge von zu langen Krallen sein. Bleibt aber dennoch die Frage: Was hindert sie an der Krallenpflege? Zu wenige Kratzmöglichkeiten, zu wenig Bewegung oder doch Schmerzen?

Es ist auch gar nicht so selten, dass eine eingeschränkte Beweglichkeit der Katze zur Nichtbenutzung der Katzentoilette, also zu Unsauberkeit, führt. Oft kann man mit ein paar Änderungen an der Katzentoilette das Problem lösen. Hier stellt sich aber auch die Frage: Liegt es an unzureichendem Katzentoilettenmanagement, wie zum Beispiel einer zu kleinen Katzentoilette oder dem Einsatz einer Toilette mit Haube? Oder muss die Katze eine Haltung einnehmen, die zu Schmerzen führt? Oder sogar alles zusammen?

Ein weiteres Thema, welches nicht nur im Zusammenhang mit der Beweglichkeit und Schmerzverhalten eine Rolle spielt, ist die Fellpflege. Denn auch der Fellpflegezustand kann Hinweise auf körperliche Beschwerden geben. Wie sieht sie also aus, wenn sie sich putzt und welche Körperhaltung hat sie normalerweise dabei? Gibt es eventuell einzelne Körperregionen, die nicht (mehr) so intensiv geputzt werden?

Freigängerkatzen geraten zudem immer einmal wieder mit anderen Katzen aneinander. Mit zunehmendem Alter kann es häufiger zu Verletzungen kommen, da die Seniorkatze sich nicht mehr so schnell bewegen kann oder anderweitig eingeschränkt ist. Zusätzliche, schnell zu erreichende Rückzugsmöglichkeiten können sie unterstützen.

Nicht immer steckt gleich eine Erkrankung hinter dem gezeigten Verhalten. Im Zweifelsfall sollte immer der Tierarzt des Vertrauens um Rat gefragt werden!

Einladung zur Katzen-Expedition

Was man bei der Bewegung seiner Katze nicht alles beobachten kann. Um den „Normalzustand“ der Bewegungen und die Beweglichkeit unserer Katze näher kennenzulernen, sind die folgenden Aktivitäten zur Beobachtung besonders interessant:

Laufen:

  • Wie sieht ihr Gang von der Seite betrachtet aus? Wie stehen dabei ihre Füße? Welche Körperhaltung hat sie beim Laufen?
  • Wie gerade oder wie stark gebeugt ist ihr Rücken beim Laufen? Wie geschmeidig sind ihre Bewegungen?
  • Wie sieht ihr Gang von Hinten aus? Wirkt die Bewegung gleichmäßig oder eher wie ein leichtes Schunkeln? Gibt es Auffälligkeiten?

Springen und Klettern:

  • Wie hoch kann die Katze springen?
  • Auf welche Liegeplätze kommt sie problemlos und bei welchen nimmt sie lieber Stühle und Regale zu Hilfe?
  • Wie verhält sie sich beim Herunterspringen?
  • Wie lange „zielt“ sie auf ihren Landeplatz vor dem Springen? Zögert sie dabei?

Spielen und Toben:

  • Wie bewegt sie sich beim Spielen und Toben?
  • Wie bewegt sie sich beim Spielen und Toben im Umgang mit Partnertieren?
  • Wie bewegt sie sich beim Toilettengang?

Toilettengang:

  • Welche Körperhaltung hat sie dabei? Wirkt sie entspannt oder angespannt?
  • Welche Bewegungen macht sie um sich „in Position“ zu bringen?
  • Wie lange braucht sie um sich „in Position“ zu bringen?

Putzen & Komfortverhalten:

  • Welche Körperhaltung hat sie bei der Fellpflege? Kommt sie an alle Körperregionen heran?
  • Wie sieht ihr Recken und Strecken aus? Wann und wie oft zeigt sie dieses Verhalten? Wie lang kann sie sich machen?

Im Alltag bieten sich immer Gelegenheiten für einen genaueren Blick auf die Katze. Fotos und kurze Videos, zum Beispiel aufgenommen mit dem Smartphone, ermöglichen noch Jahre später einen konkreten Vergleich der Bewegungsabläufe und machen Veränderungen sichtbar.

Erschienen in “Vet-Concret”, Ausgabe 3/2019