Eigentlich könnte man meinen, dass bei der Vielzahl an Katzen allein in Deutschland jegliches Vergiftungsrisiko bekannt ist und längst untersucht wurde. Doch das ist leider nicht der Fall. Wenn man näher darüber nachdenkt, ist es eigentlich auch nachvollziehbar. Denn es werden nicht alle Vergiftungen bei Katzen aufgeklärt, so dass nur aus wenigen Fällen (neue) Erkenntnisse über die Giftigkeit von Pflanzen gezogen werden können. Wenn also eine Katze stirbt und eine Vergiftung vermutet wird, so wird diese Vergiftung in der Regel nicht aufgeklärt. Ganz gleich, ob es um Substanzen geht die für den Menschen, oder für Tiere giftig sind: Um an neue Erkenntnisse zu gelangen, ist man auf detaillierte Einzelfallbeschreibungen angewiesen.

Vergiftungsfälle: Vergiftungen bei Katzen

Vergiftungen bei Katzen untersuchen

Bei der Auswertung von Einzelfallbeschreibungen ist oft unklar, inwiefern die gegebenen Umstände oder die individuelle körperliche Verfassung den Vergiftungsverlauf günstig oder ungünstig beeinträchtigt haben. Es gibt leider auch den Fall, dass eigentlich ungiftige Pflanzen „sekundär“ giftig sein können. Dann nämlich, wenn sie mit Pflanzenschutzmitteln oder Düngern behandelt wurden oder anderweitig mit Schadstoffen belastet sind. Es ist deshalb ratsam, neu gekaufte „Knabberpflanzen“ erst nach Ablauf einer 4 bis 6-wöchigen Karenzzeit im Katzenumfeld aufzustellen.

Zwei Vergiftungsfälle möchte ich hier beispielhaft vorstellen, um zu zeigen welche Umstände bei Vergiftungen eine Rolle spielen können und wieviele Details nötig wären, um nachhaltige Erkenntnisse daraus ziehen zu können.

Gefahr aus dem Katzenbrunnen durch „Sumpfschachtelhalm“

Nicht nur Zimmerpflanzen können giftig sein. Auch Wasserpflanzen bergen Gefahren für Katzen. In diesem Vergiftungsfall gibt es Hinweise, dass ein Sumpfschachtelhalm das Enzym Thiaminase in das Wasser abgab, welches der betroffene Kater regelmäßig getrunken hat. Thiaminase zerstört das Thiamin Vitamin B1.

Ein Mangel an Thiamin kann bei Katzen zu Thiaminmangel-Enzephalopathie führen. Dies ist eine Gehinrerkrankung infolge des Mangels an Vitamin B1. Weitere Hinweise findet man auch bei Wikipedia unter der Suche Thiaminmangel-Enzephalopathie bei Katzen oder unter http://www.ataxiekatzen.de/thiaminmangel.html

Eckdaten zum Vergiftungsfall

  • Alter: 10
  • Geschlecht: männlich
  • Kastrationsstatus: kastriert
  • Gewicht: keine Angabe
  • Vorerkrankungen: Schilddrüsenüberfunktion
  • Behandlung der Vorerkrankungen: Tabletten
  • Haltung: Freigänger
  • Symptome: fraß immer weniger, stellte schließlich Essen und Trinken ganz ein
  • Krankheitsverlauf: plötzlich nicht mehr ansprechbar/apathisch, manchmal hyperaktiv wie „aufgedreht“, Sehverlust
  • Behandlung der Symptome: Cortison per Spritze
  • Behandlungssergebnis: Blutbild ohne Befund, Kater blieb blind und hatte keine Stellreflexe mehr
  • Diagnose: Vermutung Gehirntumor oder Gehirnhautentzündung
  • Rat des Tierarztes: Einschläferung
  • Weitere Behandlung: nochmal Cortison, AB und Metacam, Infusion zur Flüssigkeitsregulierung
  • Weiterer Krankheitsverlauf: eine Stunde nach letzter Behandlung deutliche Besserung der Symptome

Vergiftungsverdacht: Recherche im Internet ergibt ersten Hinweis auf Taumelkrankheit bei Pferden durch Sumpfschachtelhalm. Genau diese Pflanze wurde Wochen vor Krankheitsausbruch in einen Brunnen gepflanzt. Aus diesem Brunnen trank der Kater regelmäßig. Der Sumpfschachtelhalm enthält das Enzym Thiaminase, welches das Thiamin (Vitamin B1) zerstört. Dieser Mangel kann bei der Katze Thiaminmangel-Enzephalopathie hervorrufen. Symptome: vermehrtes Schlafen und Appetitverlust.

Vergiftungsursache: Durch Sumpfschachtelhalm verursachter Thiaminmangel.

Weiterer Krankheitsverlauf: Der Vitamin-B-Komplex, den die Tierärztin der 2. Cortisonspritze zugesetzt hatte und anschließende orale Weiterbehandlung mit Thiamin haben nach Aussage der Halterin zur Genesung geführt.

Ausgang: Die Blindheit verschwand wieder und der Kater ist seit Behandlung wieder der Alte.

Vergiftung mit „Dracaena Marginata“

An sich ist die beliebte Zimmerpflanze „Dracaena Marginata“ (auch als Drachenbaum bekannt) als relativ (!) unbedenklich einzustufen. Aber eben nur relativ. Sehr junge, alte und schwache/kranke Tiere scheinen mit spürbaren Vergiftungserscheinungen zu reagieren. Dazu gehören, Durchfall, speicheln und zittern. Die Symptome verschwinden in der Regel nach einiger Zeit ohne bleibende Schäden zu hinterlassen. Dass mit dieser Pflanze dennoch vorsichtig umgegangen werden muss, zeigt der folgende traurige Fall. Nach regelmäßigem, starken Beknabbern einer Dracaena Marginata, insgesamt über etwa 2 1/2 Jahre, hat sich bei dem betroffenen Kater offenbar Gift im Körper angesammelt. Schlussendlich ist er an den Spätfolgen gestorben. Wie die Halterin berichtete, hat sie ihren Kater unwissentlich einer Art Langzeitstudie unterzogen. 

Eckdaten zum Vergiftungsfall

  • Alter: 12
  • Geschlecht: männlich
  • Kastrationsstatus: keine Angabe
  • Gewicht: keine Angabe
  • Vorerkrankungen: keine
  • Behandlung der Vorerkrankungen: keine
  • Haltung: reine Wohnungskatze
  • Symptome: plötzliches Umfallen durch Bewusstlosigkeit, Atemstillstand, Herzstillstand
  • Behandlung der Symptome: wiederbelebung durch die Halterin mit Herzmassage und Mund-zu-Mund-Beatmung
  • Krankheitsverlauf: seitdem Epileptische Anfälle mit Atemstillstand
  • Behandlungsergebnis: mehrfache Blutuntersuchung, das Herzuntersuchung und Kernspintomographie
  • Diagnose: Epilepsie unbekannter Ursache

Vergiftungsverdacht: langfristiger Konsum einer Zimmerpflanze (über etwa 2 1/2 Jahre)
Vergiftungsursache: Dracaena Marginata
Weitere Behandlung:  Entgiftungstherapie durch Tierheilpraktiker

Weiterer Krankheitsverlauf: vorerst Besserung durch Entgiftungstherapie
Ausgang: Tod durch Organversagen, etwa 4 Wochen nach Entgiftungstherapie