Die „Waage des Katzenglücks“ und „der Weg des Katzenglücks“ sind zwei gedankliche Erklärbilder, die mir dabei helfen verschiedene Blickwinkel der Katzenhaltung einzunehmen. Anhand der beiden Bilder können Ratschläge, Empfehlungen und Lösungsansätze bei Problemen im Katzenhaushalt leichter argumentiert und verstanden werden. Sie können somit auch dabei helfen Ratschläge anzunehmen und offen für neue und bekannte Lösungsansätze zu sein. Denn „Das habe ich schon gemacht!“, „Das bringt alles nichts!“, „Das funktioniert bei meiner Katze nicht!“ sind beliebte Aussagen, wenn es darum geht etwas im Sinne der Katze verändern zu müssen.

Schaut man sich einen Katzenhaushalt an, wird man immer ein paar Dinge finden, die optimiert werden können. Ganz gleich, ob es bereits Probleme gibt, oder nicht. Fakt ist: Wir Katzenhalter haben die Aufgabe die Welt unserer Wohnungskatze so optimal wie nur möglich zu gestalten, um Probleme zu vermeiden.

Manchmal scheinen Probleme jedoch aus heiterem Himmel aufzutauchen. Und dann ist es oft gar nicht so einfach zu verstehen, dass sich etwas und vor allem was sich da im Katzenleben verändert hat.

Die Toleranzgrenze der Katze

Da Katzen im Allgemeinen sehr tolerante Tiere sind und uns Menschen in vielerlei Hinsicht mit ihren Bedürfnissen entgegenkommen, kann es leicht passieren, dass wir im Laufe des Katzenlebens die Grenze vom „Fröhlichsein“ zum Unbehagen oder „nicht-glücklich-sein“ der Katze schlicht und ergreifend übersehen. Von heute auf morgen gerät die scheinbar rosarote Katzenwelt aus dem Gleichgewicht und die Probleme sind da. Neben Kratzmarkieren an unerwünschten Gegenständen ist vor allem das Auftreten von Unsauberkeit eines der deutlichsten Zeichen dafür, dass etwas nicht in Ordnung ist. Die Ursache dafür können gesundheitliche Probleme sein, die es unbedingt als erstes abzuklären gilt. Aber auch andere Gründe können zu Unsauberkeit oder Markierverhalten führen.

Es hat doch bisher immer so geklappt…

Häufig ist es so, dass sich aus Haltersicht überhaupt nichts für die Katze verändert hat. Alles ist so, wie es bereits viele Jahre lang gut gegangen ist. Die Katzentoilette steht am gleichen Fleck wie immer und auch an den Kratzgelegenheiten hat sich nichts geändert. Allerdings erschwert der Gedanke des „es ist doch alles so wie immer“ zahlreichen Haltern die Ursache des Problems zu finden. Denn nahezu jeder Ratschlag, auch von Profis wie Tierärzten oder Verhaltenstherapeuten, wird weg argumentiert.

„Das kann nicht daran liegen.“ „Das war doch schon immer so.“ „Meine Katze hatte nie ein Problem damit, dass…“ Als unmittelbar Beteiligter kann der betroffene Halter in seiner Verzweiflung nicht verstehen, dass sich aus Sicht der Katze irgendetwas geändert haben muss.

„Warum soll ich den Futternapf nicht neben die Katzentoilette stellen? Das hat doch bisher immer prima geklappt?“

„Weshalb ist es sinnvoll, meiner Katze (mehr) Kratzmöglichkeiten anzubieten? Sie kratzt doch gar nicht an den Möbeln oder so.“

„Warum sollte ich auf eine Klappe am Katzenkloeingang verzichten? Meine Katze nutzt doch trotzdem seit Jahren ihre Toilette.“

Was also ist passiert?

Ich möchte an dieser Stelle nicht auf die unzähligen Konstellationen und Möglichkeiten zur Entstehung von Problemverhalten eingehen. Es geht viel mehr darum ein gedankliches Bild zu zeichnen, welches es dir ermöglichen soll aus dem gerade beschriebenen Szenario auszubrechen und zu erkennen, wie man (wieder) offen für Ratschläge wird, um die Welt der Katze wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Und „Gleichgewicht“ ist auch schon mein Stichwort.

Stelle dir eine Waage vor!

Auf der linken Seite legst du alle positiven Zutaten (Glückszutaten) in die Waagschale. Das ist zum Beispiel eine wunderbare, große und saubere Katzentoilette. Ein herrlicher, stabiler Kratzbaum, der mitten im Wohnraum des Katzenhaushalts steht. Dann noch Klettermöglichkeiten ohne Ende. Gar nicht so übel – die Glückszutaten haben ein ordentliches Gewicht auf die Waage gebracht.

 

Die Waage des Katzenglücks

Aber wir sind noch nicht fertig. Denn in jedem Haushalt gibt es auch ein paar Dinge die nicht so optimal sind. Diese negativen Zutaten legst du nun in die rechte Waagschale. Die Katzentoilette hat eine Haube und eine Klappe am Eingang – das ist nicht so ideal für deine Katze. Außerdem fehlt es deiner Katze vielleicht an Gesellschaft und Unterhaltung gegen Katzenlangeweile und Versteckmöglichkeiten wären auch eine prima Sache.

Uih, das wiegt aus Sicht deiner Katze ganz schön viel. Die Waage des Katzenglücks hat sich aber gerade noch so eingependelt. Denn deine Katze mag dich sehr und toleriert, dass sie durch die Klappe zum Klo gehen muss und hin und wieder Langeweile hat. Die Waage des Katzenglücks steht im Gleichgewicht. Noch.

Die Waage des Katzenglücks im Gleichgewicht

Und jetzt passiert es!

Es gibt plötzlich weitere Negativzutaten: Nachbars Kater hat es sich zur Gewohnheit gemacht regelmäßig an deiner Terrassentür vorbeizugehen und in das Reich deiner Katze zu starren. Das findet sie bedrohlich. Dein Arbeitskollege hat seit neustem einen Hund und du bringst beängstigende Gerüche mit nach Hause. Außerdem musst du Überstunden machen und kommst später nach Hause als sonst. Zack! Die Waagschale der Negativzutaten hat an Gewicht zugelegt und die Waage des Katzenglücks ist aus dem Gleichgewicht. Deine Katze ist mehr oder weniger unglücklich und zeigt dies nun auch auf ihre Art. Die magische Toleranzgrenze deiner Katze ist nun einfach überschritten. Es reicht!

Die Waage des Katzenglücks im Ungleichgewicht

Das Zünglein an der Waage

Die Waage des Katzenglücks soll zeigen, dass es nicht immer zwingend „den einen Grund“ für ein Problem gibt. Meist ist es die Summe aller ungünstigen Gegebenheiten im Katzenhaushalt, welche bereits eine Basis oder einen Nährboden für Probleme bilden. Schließlich braucht es nur noch den berüchtigten Tropfen, welcher das Fass zum überlaufen bringt.

Dinge die aus Katzensicht bisher nie optimal waren, aber von ihr toleriert wurden, können die Waage schließlich aus dem Gleichgewicht bringen, weil etwas aus Menschensicht vollkommen Banales oder Unbemerktes dazu gekommen ist. Und gerade dann, wenn wir nicht genau nachvollziehen können, was denn nun der eine Tropfen ist, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat, ist es ratsam die positiven Glückszutaten zu vermehren und sich dem Problem  bzw. der Problemlösung so zu nähern.

Glückszutaten (er)kennen und vermehren

Problemvermeidung im Katzenhaushalt beginnt damit, so viele Glückszutaten wie nur möglich auf die Waage des Katzenglücks zu legen. Denn je mehr positive Zutaten in der Waagschale liegen, desto weniger läufst du Gefahr, dass die Waage aus dem Gleichgewicht gerät und die Negativen Aspekte aus Sicht deiner Katze überhand nehmen. Das Schwierige daran ist, dass Glückszutaten nicht gleich Glückszutaten sind. Denn es gibt allgemeingültige und individuelle Glückszutaten.

Die „allgemeingültigen Glückszutaten“ – der Weg des Katzenglücks

Mittlerweile wurden zahlreiche Haltungsanforderungen und Vorlieben der Katzen erforscht. Auch wenn es noch viele Geheimnisse rund um unsere Samtpfoten gibt, so gibt es grundlegende Empfehlungen zur Katzenhaltung, aus denen ein „so macht man das üblicherweise“ abgeleitet werden kann. Kommt eine neue Katze in den Haushalt, man weiß nichts oder nur wenig über die jeweilige Katze oder es gibt keine Anzeichen für Problemverhalten, ist es ratsam sich an diesen gängigen Empfehlungen zu orientieren. Diese gängigen Empfehlungen kannst du dir wie einen geradlinigen Weg vorstellen, der die allgemeinen Anforderungen deiner Katze abdeckt. Diesem „Weg des Katzenglücks“ kannst du erst einmal guten Gewissens folgen. So lange keine Gründe dagegen sprechen und deine Katze andere Vorlieben hat.

Die „individuellen Glückszutaten“ – rechts und links entlang des Wegs

Rechts und links entlang des allgemeingültigen Wegs findest du jedoch auch noch andere Möglichkeiten deiner Katze ein schönes Leben zu bescheren. Denn auch deine Katze hat wahrscheinlich bestimmte Vorlieben oder Gewohnheiten, die nicht zu den allgemeingültigen Glückszutaten passen oder zumindest nicht mitten auf dem vorgegebenen Weg des Katzenglücks liegen. Du kannst also auch rechts und links entlang des Wegs individuelle Lösungen für deine Katze entdecken.

Damit meine ich Dinge oder Gegebenheiten im Katzenhaushalt, die nicht unbedingt der „Norm“ oder den allgemein gültigen Glückszutaten der Katzenhaltung entsprechen. Sie betreffen deine einzelne, individuelle Katze und beziehen sich meist auf ihre Vorlieben aber auch auf ihre besonderen Bedürfnisse.

Beispiele:

  • Der klassische Kratzbaum hat vertikale Kratzstangen, an denen sich Katzen strecken können. Deine Katze zieht es jedoch vor, am Boden auf einer Kratzmatte zu kratzen.
  • Die klassische Spielzeugmaus ist eher klein, deine Katze ist jedoch sehr selbstbewusst und bevorzugt XXL-Spielzeuge.
  • Die meisten Katzen lieben Kartons zum Spielen und Schlafen. Deine Katze hat jedoch etwas gegen den Geruch und rennt davon, sobald sie einen Karton nur sieht.

Das kann die Waage des Katzenglücks aus dem Gleichgewicht bringen und zu Problemen im Katzenhaushalt führen:

  1. zu viele Negativ-Zutaten in der Waagschale („allgemeine Glückszutaten“ der artgerechten Katzenhaltung werden nicht ausreichend berücksichtigt)
  2. zu wenige individuelle Glückszutaten in der Waagschale („individuelle Glückszutaten“ deiner Katze werden nicht ausreichend berücksichtigt)
  3. Veränderung der Vorlieben deiner Katze (ihre „individuellen Glückszutaten“ haben sich verändert: was mal gut war, ist es nicht mehr und du weißt nichts davon)
  4. Veränderung von gewohnten Umständen (veränderte Standorte von Gegenständen, veränderte Gerüche, Verbot von Orten, die bisher erlaubt waren, verschlossene Zimmertüren, Verlust von Menschen/Partnertieren u.s.w.)
  5. Veränderung der Bedürfnisse deiner Katze („individuelle Glückszutaten“ haben sich durch Alter, Krankheit etc. verändert)

Ganz gleich ob für dich selbst oder im Rahmen einer Beratung: Wir sollten immer versuchen für andere Sichtweisen, Lösungsvorschläge und Alternativen offen zu bleiben. Das bedeutet nicht jeden Rat blind zu befolgen. Aber wir Menschen sind nun einmal so veranlagt, dass wir gerne den bequemsten Weg gehen. Bewusst oder unbewusst. Für uns selbst bedeutet das immer wieder unsere Entscheidungen zu überprüfen und zu hinterfragen. Im Rahmen der Beratung gilt es mit Hilfe von „gedanklichen Erklärbildern“ und Beispielen für Offenheit zu sorgen und jedem guten Rat auch eine Portion Verständnis für das Gegenüber mitzugeben. Denn nur so können wir bei Problemen mit selbigen umgehen und so die Katzenwelt hoffentlich ein klein wenig besser gestalten.

Zum Download

Du kannst dir die beiden Erklärbilder per Mausklick auf die folgenden Links herunterladen und ausdrucken:
Die Waage des Katzenglücks
Der Weg des Katzenglücks

Außerdem kannst du über den folgenden Link auch meine beiden Podcastfolgen aufrufen und anhören.
Zum Katzen-Podcast